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Haben Sie Informationen über Helmut Hirsch, der 1936 in Stuttgart verhaftet und 1937 in Berlin hingerichtet wurde?

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Die Frage stellte Fritz Schmidt.

Helmut Hirsch wurde am 27. Januar 1916 als amerikanischer Staatsbürger in Stuttgart geboren. 1936 plante er einen Anschlag auf das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Aus diesem Grund fand seine Geschichte Eingang in die Sonderausstellung Anständig gehandelt – Widerstand und Volksgemeinschaft 1933-1945“, die bis zum 1. April 2013 im Haus der Geschichte Baden-Württemberg gezeigt wurde.

Aber auch für das Projekt zum Hotel Silber und zur Geschichte der Gestapo in Württemberg und Hohenzollern ist der Widerstand Hirschs ein wichtiges Thema. Es war die hiesige Gestapo, die ihn am 21. Dezember 1936 in Stuttgart verhaftete. Im Hotel Silber wurde er verhört. Letztlich trugen die Ermittlungen der Staatspolizeileitstelle Stuttgart wesentlich dazu bei, dass der Volksgerichtshof in Berlin Hirsch im März 1937 zum Tode verurteilte. Die Unterlagen zum Prozess vor dem Volksgerichtshof liegen heute im Bundesarchiv Berlin (Signatur R 3018, NJ 4427).

Die Geschichte von Helmut Hirsch ist auch deshalb eine besondere, weil sie auch im Ausland ein Echo fand. Die „Pariser Tageszeitung“ berichtete mehrmals über die Verhaftung und Verurteilung Hirschs. Die US-Regierung versuchte erfolglos, gegen das Urteil zu intervenieren.

Zur Biografie von Helmut Hirsch

Helmut Hirschs Eltern hatten die amerikanische Staatsbürgerschaft durch einen mehrjährigen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten erhalten, sie nach dem Ersten Weltkrieg jedoch wieder verloren. 1910 waren sie nach Stuttgart zurückgekehrt.

Hirsch besuchte das Dillmann-Gymnasium in Stuttgart. Im Alter von 15 Jahren trat er der bündischen Jugendorganisation „dj. 1.11“ bei, die 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verboten wurde. Die Traditionen und Inhalte der Jungenschaft hatten einen großen Einfluss auf ihn.

Nachdem Juden im Sommer 1935 ein Studium an einer deutschen Hochschule untersagt worden war, verließ Hirsch im Herbst desselben Jahres seine Heimat und nahm in Prag ein Architekturstudium auf. Dort kam er in Kontakt mit Otto Strasser und dessen Widerstandsgruppe „Schwarze Front“. Strasser war bis 1930 NSDAP-Mitglied gewesen und hatte sich aktiv im linken Flügel der Partei engagiert.

Strasser und Friedrich Beer-Grunow, der Organisationsleiter der „Schwarzen Front“, versuchten Hirsch bald davon zu überzeugen, sich aktiv am Widerstand gegen die Nationalsozialisten zu beteiligen. Hirsch sollte einen Anschlag in Deutschland verüben, um die Deutschen und auch das Ausland aufzurütteln. Sie erklärten ihm, dass von seinem Verhalten außerdem die zukünftige Behandlung der Juden in einem von der „Schwarzen Front“ revolutionierten Deutschland abhänge.

Nach anfänglichem Zögern willigte Hirsch ein, am 24. Dezember 1936 einen Anschlag auf eine Säule des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg zu verüben. Hirsch bestand darauf, mit der Sprengung kein Menschenleben in Gefahr zu bringen – es sollte ein Symbol des NS-Regimes getroffen werden.

Hirsch trat seine Reise nach Nürnberg am 20. Dezember mit dem Zug an. In Stuttgart legte er einen Zwischenaufenthalt ein: Unter Angabe einer falschen Adresse nahm er sich in Bahnhofsnähe im „Hotel Pelikan“ ein Zimmer. Doch bereits am nächsten Tag, dem 21. Dezember 1936, wurde er dort von der Stuttgarter Gestapo verhaftet. Spitzel bei der „Schwarzen Front“ hatten praktisch jeden seiner Schritte verfolgt.

Im März 1937 wurde Hirsch vom Volksgerichtshof in Berlin wegen der „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens unter erschwerenden Umständen“ zum Tode verurteilt. Er habe nicht nur die NSDAP, sondern auch das deutsche Volk und den Staat auf das Schwerste geschädigt, insbesondere in einer Zeit des verstärkten „Weltkampfs internationaler Machtgruppen gegen Deutschland“.

Hirschs Familie ging an die Öffentlichkeit, um sein Leben zu retten. Tschechoslowakische und amerikanische Zeitungen sowie die deutsche Exilpresse berichteten von dem Fall. Auf Drängen der Familie gaben die Vereinigten Staaten von Amerika Hirsch die Staatsbürgerschaft zurück. Doch Hitler weigerte sich, ihn zu begnadigen. Am 4. Juni 1937 wurde er in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. Er war damit der erste von den Nationalsozialisten hingerichtete US-Bürger.

Am 8. Mai 2007 wurde vor Hirschs Elternhaus in der Seestraße 89 im Stuttgarter Westen ein Stolperstein verlegt.

Der Nachlass von Helmut Hirsch befindet sich im Besitz der Brandeis University im amerikanischen Waltham, Massachusetts. Dort wurde eine Online-Ausstellung erarbeitet.


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