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Der Fall Georg Elser

Das gescheiterte Hitler-Attentat des aus Königsbronn im Landkreis Heidenheim stammenden Schreiners Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller beschäftigte die Mitarbeiter der Stuttgarter Staatspolizeileitstelle über einen langen Zeitraum hinweg. Noch Jahre später erinnerten sich die mit dem Fall betrauten Frauen und Männer an viele Details der Ermittlungen.

Am 8. November war eine von Elser in nächtelanger Arbeit geschickt präparierte und mit einem Zeitzünder versehene Bombe direkt hinter dem Rednerpult explodiert, an dem noch Minuten vorher Adolf Hitler seine Gedenkrede zum gescheiterten Putsch von 1923 gehalten hatte. Hitler hatte den Ort des Attentats früher als geplant verlassen und so überlebt.

Vier Tage nach dem missglückten Attentat, am Vormittag des 12. November, ging im Hotel Silber ein Geheimschreiben aus München ein. In diesem wurde der Staatspolizeileitstelle Stuttgart mitgeteilt, dass Elser noch am Abend des 8. November bei seinem Fluchtversuch in die Schweiz festgenommen worden war. Die eilends in München gebildete Sonderkommission unter der Leitung des Chefs des Reichskriminalamts, Dr. Arthur Nebe, wies an, schnellstmöglich Erkundungen in Elsers persönlichem Umfeld auf der Ostalb einzuholen und sämtliche Verwandte in Haft zu nehmen. Die Durchführung dieser Ermittlungen wurde Otto Rappold übertragen, der in dem Referat „Spionage, Sabotage und Abwehr“ arbeitete. Ihm wurde Kriminalsekretär Wilhelm Rauschenberger aus dem Sachgebiet Kommunismus und Sozialdemokratie des Referats „Opposition“ zugeteilt.

Noch am Vormittag des 12. November fuhren Rappold und Rauschenberger nach Königsbronn, wo sie zunächst auf dem Bürgermeisteramt die Personalien der zu vernehmenden Personen ermittelten. Dort brachten sie in Erfahrung, dass Elser vor seinem Umzug nach München in Schnaitheim bei der Familie Schmauder gelebt hatte. Rauschenberger griff diese Spur unverzüglich auf, während Rappold die Erhebungen in Königsbronn weiterführte.

In Schnaitheim vernahm Rauschenberger u.a. die Tochter Maria der Eheleute Schmauder, die willig Auskunft gab. Elser habe ihr von seiner Erfindung, einer angeblichen Schaufensterreklame, erzählt und ihr Fotos gezeigt, die er im Vorjahr im Münchner Bürgerbräukeller gemacht habe. Aufgrund dieser Aussagen vernahmen Rauschenberger und Rappold die junge Frau den restlichen Nachmittag in den Diensträumen der Kriminalpolizei Heidenheim. Das Verhörprotokoll wurde anschließend sofort Joachim Boës, dem Leiter der Staatspolizeileitstelle Stuttgart, übermittelt – dieser leitete es wiederum an die Sonderkommission in München weiter. In der Nacht auf den 14. November gestand Elser die Tat.

In derselben Nacht reiste Rauschenberger nach München, im Gepäck das Verhörprotokoll und bei der Firma Waldenmaier in Heidenheim hergestellte Zünder, die zum Vergleich mit bei Elser gefundenen Teilen sichergestellt worden waren. Zur Berichterstattung sprach er beim Leiter der Sonderkommission vor. Er wurde beauftragt, Maria Schmauder noch am selben Tag nach München zu bringen, um sie Elser gegenüberstellen zu können. Zuvor sollte er noch die Angehörigen von Elser nach Stuttgart in Polizeigewahrsam überführen.

In der Zwischenzeit wurden durch Kriminalsekretär Paul Bässler Ermittlungen über die in Stuttgart lebenden Verwandten von Elser angestellt. Diese wurden verhaftet und im Hotel Silber verhört.

In Königsbronn liefen unterdessen die Ermittlungen in Elsers persönlichem Umfeld weiter – das Ermittlerteam aus Stuttgart wurde nach und nach vergrößert. Die mit dem Fall betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Hotel Silber bezogen vorübergehend Quartier in einem Heidenheimer Gasthaus. Zeugen konnten sie jedoch auch in den folgenden Wochen nicht auftun, da Elser niemandem von seinem Vorhaben erzählt hatte.

Die Ermittlungen bestätigten Elsers Aussage, er habe das Attentat alleine vorbereitet. Die NS-Propaganda aber nutzte die Gelegenheit, Großbritannien eine Beteiligung zu unterstellen. So sollte der neue Kriegsgegner denunziert und sicher auch von den eklatanten Sicherheitslücken abgelenkt werden, die das Attentat ermöglicht hatten – eine Legende, die sich ebenso hartnäckig hielt wie der Verdacht, die NS-Führung habe das Attentat inszeniert, um den Klamauk um die „Vorsehung des Führers“ zu stützen. Diese Legenden fielen teils auf fruchtbaren Boden. Zu unglaublich schien manchen die Vorstellung, ein Einzelner habe die Entschlossenheit und die Geschicklichkeit besessen, eine solche Tat zu begehen. Noch in den 1950er Jahren beschäftigten diese Legenden die Ermittler der Landeskriminalpolizei, als sie den Fall Elser erneut aufrollten.

Anmerkung: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatspolizeileitstelle Stuttgart, die mit dem Fall Georg Elser betraut waren, kamen aus unterschiedlichen Sachgebieten. Hier ist die Geschichte in dem Sachgebiet verortet, in dem Wilhelm Rauschenberger arbeitete.

Georg Elser auf einer Parkbank am Bodensee, 1929
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatspolizeileitstelle Stuttgart während den Ermittlungen im Fall Georg Elser in Heidenheim, 1939

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