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Lina Haag, KPD-Mitglied

Als Kommunistin und Ehefrau des KPD-Landtagsabgeordneten Alfred Haag musste Lina Haag früh erfahren, wie unbarmherzig politisch Andersdenkende von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Bereits in den 1920er Jahren hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann vor den Nationalsozialisten gewarnt.

Am 10. Februar 1933 nahmen SA-Männer Alfred Haag in seiner Wohnung in Schwäbisch Gmünd fest, brachten ihn ins Gefängnis und inhaftierten ihn anschließend im KZ Oberer Kuhberg in Ulm. Auch Lina Haag wurde kurz darauf verhaftet: Am 28. Februar, als der Reichstag brannte, holten sie Kriminalbeamte zu Hause ab. Nach kurzer Freilassung wurde sie am 10. April 1933 in „Schutzhaft“ genommen und in das Frauenstrafgefängnis Gotteszell eingeliefert, aus dem sie erst am 21. Dezember 1933 entlassen wurde.

Die Freiheit währte jedoch nicht lange. Im Mai 1936 wurde Lina Haag aufgrund ihrer fortgesetzten Arbeit für die KPD erneut festgenommen und nach Stuttgart ins Hotel Silber gebracht. In ihrem 1944 verfassten und 1947 unter dem Titel „Eine Handvoll Staub“ veröffentlichten autobiografischen Bericht hielt sie fest:

„Mußgay, der Chef der Stuttgarter Gestapo, holt mich persönlich. Ich werde im Auto nach Stuttgart gebracht. Ein Fußtritt befördert mich über eine steile Wendeltreppe in eine der Kellerzellen des Gestapogebäudes. Die Zelle ist ein Loch. An das Halbdunkel gewöhnt, unterscheide ich eine in die Wand eingelassene Steinbank. Die Eisentür ist glatt. Die Wände sind grobkörnig angeworfen, vermutlich um das Einkratzen von Parolen und Informationen zu verhindern“ (Haag 2004, S. 50).

Lina Haag wurde in dieser Nacht nicht verhört, sondern in das Gefängnis in der Büchsenstraße eingeliefert. Erst nach drei Tagen bestellte sie Friedrich Mußgay zum Verhör. Mußgay war zu dem beschriebenen Zeitpunkt allerdings nicht Chef der Stuttgarter Gestapo, sondern Leiter der Abteilung N (Nachrichtendienst) – die Position des Leiters der Staatspolizeileitstelle Stuttgart bekleidete er erst ab August 1941.

Nach einem stundenlangen zermürbenden Verhör im Hotel Silber wurde Lina Haag wieder in das Gefängnis in der Büchsenstraße gebracht. Stationen ihrer Haft waren in der Folgezeit das Frauenuntersuchungsgefängnis in der Weimarstraße, das Frauenstrafgefängnis Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd und das Frauenkonzentrationslager Lichtenburg bei Torgau. Im April 1939 wurde sie aus dem KZ entlassen.

Lina Haag mit ihrer Tochter Käthe, 1933

Weitere Infos

Lina Haag hielt ihre Erlebnisse in langen, an ihren Mann gerichteten Briefen fest. Unter dem Titel „Eine Handvoll Staub“ wurden sie 1947 publiziert.

Haag, Lina: Eine Hand voll Staub. Widerstand einer Frau 1933 bis 1945. Tübingen 2004.

Kurzbiografie Lina Haag

  • geboren am 18. Januar 1907 in Hagkling bei Gaildorf
  • Besuch der Volksschule und anschließend Hilfsarbeiterin in verschiedenen Fabriken
  • Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD), seit 1926 Mitglied der KPD
  • 1927 Heirat mit Alfred Haag, Geburt der Tochter Käthe
  • 1929 bis 1931 Arbeit als Kindermädchen in Buenos Aires
  • ab 1931 Mitarbeiterin von Alfred Haag, der ab 1932 Abgeordneter der KPD im württembergischen Landtag war
  • Verhaftung am 28. Februar 1933, kurz darauf Freilassung
  • vom 10. April 1933 bis 21. Dezember 1933 „Schutzhaft“ in dem Frauenstrafgefängnis Gotteszell
  • im Mai 1936 erneute Verhaftung, Verhör im Hotel Silber
  • Untersuchungshaft in den Stuttgarter Gefängnissen in der Büchsenstraße und Weimarstraße
  • am 24. Januar 1938 Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“
  • Verbüßung der verbleibenden Reststrafe bis zum 24. Mai 1938 in dem Frauenstrafgefängnis Gotteszell, anschließend direkte Überstellung in das Frauen-KZ Lichtenburg
  • Nach der Freilassung im April 1939 Arbeit in einer Berliner Metallfabrik
  • am 1. Februar 1940 persönliche Vorsprache bei Reichsführer SS Heinrich Himmler, um die Freilassung ihres Mannes aus dem KZ Mauthausen zu erbitten
  • 1940 Staatsexamen als Krankengymnastin an der Berliner Charité, anschließend Arbeit in verschiedenen deutschen Lazaretten
  • 1944 Verfassen des weltweit berühmt gewordenen Buchs „Eine Handvoll Staub“ im Lazarett im Hotel Riessersee in Garmisch
  • 1947 Erscheinen ihres autobiografischen Buchs
  • nach 1948 Engagement in der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN)
  • 2007 Verleihung des Dachau-Preises für Zivilcourage
  • am 18. Juni 2012 starb Lina Haag in München

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