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Hans Gasparitsch, Widerstandskämpfer

Die Biografie von Hans Gasparitsch ist untrennbar mit dem Hotel Silber und dem Übergang vom so genannten Dritten Reich in die Nachkriegszeit und die frühen Jahre der Bundesrepublik verbunden. Gasparitsch steht exemplarisch für die von den Nationalsozialisten Verfolgten, die sich nach Kriegsende aktiv am Aufbau einer demokratischen Polizei beteiligten und sich für ein öffentliches Gedenken der Opfer der Nationalsozialisten einsetzten.

Gasparitsch kam schon früh in Berührung mit der Arbeiterbewegung. In der ausgehenden Weimarer Republik hatte er dem KPD-nahen Arbeiterschwimmverein angehört, der 1933 verboten wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten schloss er sich einer kommunistisch beeinflussten Wandergruppe an, die sich zunehmend politisierte. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen verteilten selbst gefertigte Flugblätter, in denen sie über den Unrechtscharakter des Nationalsozialismus aufklärten und für die eigenen politischen Ziele warben.

Am 14. März 1935 schrieb Gasparitsch mit roter Menninge-Farbe die Worte „Rot Front“ an die Sockel der bekannten Rossebändigerstatuen von Ludwig von Hofer im Stuttgarter Schlossgarten. Sein Freund Karl Klenk hielt unterdessen Wache. Als der rote Schriftzug kurze Zeit später bemerkt wurde, leitete die Stuttgarter Polizei unverzüglich eine Fahndung ein. Noch am selben Abend geriet Gasparitsch in eine Polizeikontrolle und wurde entdeckt: Rote Farbspritzer auf seiner Kleidung und der Farbtopf in seiner Tasche überführten ihn. Er wurde inhaftiert und immer wieder im Hotel Silber verhört. Nach einem Jahr Untersuchungshaft verurteilte ihn das Oberlandesgericht Stuttgart am 25. März 1936 zusammen mit anderen Mitgliedern der so genannten „Gruppe G“ wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Gasparitsch erhielt eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten – die Untersuchungshaft wurde angerechnet. Nachdem er die Strafe im Landesgefängnis Ulm verbüßt hatte, nahm ihn die Gestapo 1937 sofort wieder in „Schutzhaft". Bis zur Befreiung durch amerikanische Truppen im April 1945 war er in den Konzentrationslagern Welzheim, Dachau, Flossenbürg und Buchenwald inhaftiert.

Am 17. Juni 1945 bewarb sich Gasparitsch bei der Stuttgarter Polizei um eine Anstellung. In dem der Bewerbung beigelegten handschriftlichen Lebenslauf stellte er seine besondere Eignung heraus und begründete seine Motivation: „Da die wichtigste Voraussetzung für die Neuaufstellung der Polizei im Sinne der vollständigen Ausmerzung der Nazis in der Zusammenarbeit mit der Besatzungsbehörde, die politisch unbelastete Vergangenheit und unbedingte antinazistische Gesinnung bei meiner Person gewährleistet sind, bin ich bereit, in der neu aufzustellenden Polizei zu arbeiten“. Zum 1. Juli 1945 wurde Gasparitsch vom Chef der deutschen Polizei der Stadt Stuttgart als Kriminalangestellter eingestellt. Ab Ende des Monats erschien er jedoch nicht mehr zum Dienst im Hotel Silber. Am 3. Oktober 1945 reichte er seine rückwirkende Kündigung zum 31. Juli ein – er hatte eine andere Tätigkeit gefunden.

In den 1980er Jahren setzte sich Gasparitsch mit weiteren Bürgern für das Anbringen einer Gedenktafel für die Opfer von Terror und Gewalt am Hotel Silber ein. 1988 zeitigte das bürgerschaftliche Engagement Erfolge: Eine Gedenktafel wurde angebracht – allerdings nicht an der Außenfassade, sondern im Vorraum des Gebäudes. Den Anregungen von Bürgern folgend, ließ das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Gedenktafel schließlich am 17. Juli 2012 an der Außenfassade des Hotel Silber befestigen.

Hans Gasparitsch (rechts) vor dem Hotel Silber, 1985

Weitere Infos

1946 schrieb Gasparitsch gemeinsam mit drei anderen Überlebenden der „Gruppe G“ ein Manuskript. Es erschien 1960 in der DDR unter dem Pseudonym Fritz Kaspar und dem Titel „Die Schicksale der Gruppe G“. 1994 wurde das Buch unter dem Titel „Hanna, Kolka, Ast und andere" auch in der Bundesrepublik verlegt.

Kaspar, Fritz: Hanna, Kolka, Ast und andere. Stuttgarter Jugend gegen Hitler. Tübingen 1994.

Kurzbiografie Hans Gasparitsch

  • geboren am 30. März 1918 in Stuttgart
  • Besuch der Volksschule, anschließend der Realschule
  • 1932 Beginn einer Lehre als Schriftsetzer
  • vor 1933 Mitglied des KPD-nahen Stuttgarter Arbeiterschwimmvereins
  • Anschluss an die „Gruppe G“
  • am 14. März 1935 Verhaftung in Stuttgart, ein Jahr Untersuchungshaft
  • am 25. März 1936 Verurteilung vom Oberlandesgericht Stuttgart zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft wegen Vorbereitung zum Hochverrat, die Untersuchungshaft wurde angerechnet
  • Verbüßen der verbleibenden Haftstrafe im Landesgefängnis Ulm, anschließend in „Schutzhaft“ und Ende 1937 Verlegung ins KZ Welzheim
  • bis zur Befreiung durch amerikanische Truppen im April 1945 Haft in den Konzentrationslagern Dachau, Flossenbürg und Buchenwald
  • 1. bis 31. Juli 1945 Dienst als Kriminalangestellter im Hotel Silber
  • Mitbegründer der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Baden-Württemberg
  • 1949/50 Abitur in Jena, anschließend Studium der Publizistik in Leipzig
  • 1953 bis 1956 Redakteur bei der „Volksstimme“ in Stuttgart, dem Organ der KPD
  • 1960 bis 1967 Fernstudium der Architektur, danach Arbeit als Bauingenieur
  • in den 1970er und 1980er Jahren Engagement in der Friedensbewegung
  • am 26. Mai 2000 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse aufgrund seines antifaschistischen Engagements  
  • am 13. April 2002 starb Gasparitsch in Stuttgart

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